Fotos/Bilder © Judd Apatow, Clayton Townsend, Barry Mende; Immer Ärger mit 40

Sorry, aber was für ein Schrottfilm. Was nach außen noch wie ein lustiger Familien- und Paarfilm wirken sollte, grenzt für mich beim Ansehen an mehrfache psychische Körperverletzung.

Schon nach den ersten Sekunden ist mir peinlich, dass ich in diesem Film bin. Meine Test-Date-Dame neben mir bleibt wenigstens noch großzügiger und ein bisschen entspannter.

Dabei hätte „Immer Ärger mit 40“ ein schöner Date-Film werden können. Es gibt den knuddeligen Familienvater Pete, gespielt von Paul Rudd, den wir aus diversen netten Nebenrollen wie „Friends“ oder „Nie wieder Sex mit der Ex“ kennen. Dazu eine absolute Vorzeige-Vierzigerin, seine Frau Debbie, gespielt von Leslie Mann. Aber da geht es auch schon los. Leslie Mann ist die Frau des Regisseurs und Drehbuchautors Judd Apatow, mit dem sie zusammen zwei Töchter hat. Die beiden Filmtöchter heißen auch Apatow mit Nachnamen. Große Preisfrage: Wer sind wohl die Eltern? Ich habe in der letzten Zeit immer eher enttäuschende Erfahrungen mit solchen Familiencliquen gemacht, die gemeinsam ein Filmprojekt bestritten haben. Als Dating-Experte beschleicht mich das Gefühl, dass Judd hier seinen Familienstress aufarbeiten will. Seine Frau und ‚Hotte Ma‘ Leslie Mann scheint da bereitwillig mitzumachen und die Töchter auch. Ich stöhne auf. Die pseudo-lustig verpackten bitteren Kerne dieser langatmigen Familienschote werden voller Wahrheitsgehalt sein. Selbst ich als Beziehungs-Coach will diesen diversen Mentalvergewaltigungen nicht zuschauen müssen. Auf das erste Beispiel dafür muss man nicht lange warten, es eröffnet direkt den Film:

Pete und Debbie haben Sex in der Dusche. Dabei erzählt Pete stolz, dass er so hart ist, weil er eine Viagra geschmissen hat – als Geburtstagsgeschenk für seine Debbie quasi. An sich eine noble Geste von jemandem, der wohl traurigerweise trotz attraktiver Frau seine Potenz nicht im Griff hat. Doch wie lässt der Drehbuchautor weiterlaufen? Komplikationen! Debbie schimpft, bricht den Sex ab und es kommt schon in Minute 3 zur ersten Grundsatzdiskussion. Nämlich: Wie hart ist Petes bester Freund nach all den Ehejahren? Wie hart sollte er sein und könnte er sein? Ich hätte Regisseur Judd samt Blondie-Frauchen einen anständigen Psychologen oder eben Beziehungscoach empfohlen, um derlei Punkte erfolgreicher und privat zu klären. Der Zuschauer wird, wie so oft in diesem Film, lediglich mit dem Problem, aber keiner eleganten Lösung oder wenigstens gutem Humor konfrontiert.

Kaum hat man(n) das verkraftet, werden die beiden beziehungsgestörten Eltern konsequent um zwei nicht minder nervige Töchter erweitert. Wie erwähnt sind das die tatsächlichen Töchter von Regisseur und Hauptdarstellerin. Mit ihren wirklich nervtötenden Streitereien und Kindergezicke, wird man vor allem eins: abgeschreckt. Abgeschreckt davon, eine Familie zu wollen. Abgeschreckt davon, eine tiefere längere Beziehung zu wollen. Ich bete, dass der Film eventuell noch die Kurve kratzt und besser wird, denn die Zeit will gar nicht rumgehen und ich habe noch eineinhalb Stunden Film vor mir. „Immer Ärger mit 40“ hat auch noch Überlänge!

Zum Zeitvertreib google ich Hintergrundinformationen, während der Streifen sich ohne Perspektiven und Pfiff von Szene zu Szene schleppt. Der Film ist ab 12? Wohl in dem Wahn, dass Flüche, deftige Sprache und das Erwähnen von Genitalsprache unterhaltsam wirken könnten, hat der Drehbuchautor kräftig zugelangt. Ich frage mich, für wen dieser Film ist. Soll er frustrierten Singles Mut machen, lieber alleine zu bleiben? Soll er anderen Familien sagen, wir leiden auch von früh bis spät?

Und schon kommen die ersten Witz-Weisheiten: „Grund Nummer 1, warum Paare sich streiten, ist Sex.“ Schwachsinn, denke ich. Als Dating-Experte erlebe ich viele Streits bei Paaren. Sex ist definitiv nicht die Ursache Nummer 1. Zu viele Kleinstreitereien sind eher die Ursache für wenig oder schlechten Sex.

Ei, ei, ei. Wie geht es meinem Test-Date mit dem Film? Sie erträgt es mit Gelassenheit und, wer hätte das gedacht, findet großzügigerweise hier und da etwas witzig. Ich schüttle verständnislos den Kopf. „Vielleicht Frauenhumor,“ flüstert sie mir aufmunternd zu und klopft mir kichernd auf die Schulter.

Wie bitte? Das ist Frauenhumor? Wenn ein armer, geplagter Familienvater sich mit iPad auf dem Schoß und heruntergelassener Hose auf der Toilette beim Computerspielen erwischen lässt, ist das vor allem sehr unmännlich. Noch unmännlicher ist der folgende mehrminütige anstrengende Dialog dazu, bei dem seine Frau sogar den Stuhl von Pete kontrollieren möchte. Die Krone der Unmännlichkeit kommt, als er sich am Ende auch noch das iPad wegnehmen lässt. Wie ein Trottel bleibt er auf dem Klo zurück.

Und dann all die Diskussionen über fehlendes Geld. Der Opa ist ständig knapp und bettelt die Familie an. In der Kasse des eigenen Geschäfts der Frau fehlt Geld. Das neue Business vom Vater läuft unterirdisch schlecht und verschlingt alles Ersparte, so dass das erworbene Haus wohl wieder verkauft werden muss. Dass das nervt, gibt sogar meine Testdame zu.

Sollte ich irgendjemanden, vor allem Männer, vom Ansehen dieses Filmes bewahrt haben, werte ich das als meine gute Tat des Tages. Drehbuchautor und Regisseur Judd Apatow empfehle ich mit gesamter Familie eine Therapie zu machen, wenn es dafür nicht schon zu spät ist. Der Film ist höchstens für gestresste Eltern geeignet, um dünnen Trost darin zu finden, dass es anderen noch schlimmer ergeht. Lösungen, ein starkes Ende, eine tiefe Liebe oder große Erleuchtung, lässt dieser Streifen völlig vermissen.

Wer hat sich noch in diesen Film verirrt und möchte die Gelegenheit nutzen, hier, im Schutze unserer Date-Doktor-Kommune, ein paar schlimm-peinliche Szenen zu verdauen? Schreibt mir ruhig. Ich habe Verständnis.

Allen frohe Ostertage,

Euer Date Doktor Emanuel